Antikriegslyrik der Klasse 9a
Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret
Andreas Gryphius
So beginnt Andreas Gryphius‘ Sonett „Tränen des Vaterlandes“, das 1636 entstand – mitten im dreißigjährigen Krieg. Fast vierhundert Jahre später hat seine bittere Schilderung der Kriegsgräuel, die er erleben musste, wieder bedrückende Aktualität erlangt.
Die Schüler*innen der 9a arbeiteten im Deutschunterricht heraus, mit welchen sprachlichen Mitteln es Gryphius gelingt, die Schrecken des Krieges so eindrücklich zu schildern. Dabei verglichen sie das Sonett auch mit aktuellen Gedichten des belarussischen Schriftstellers Dimitri Strozev, die den Krieg in der Ukraine thematisieren.
Schließlich entstanden auch eigene Antikriegsgedichte. Hier zwei Texte, die in der Lesekonferenz besonders viel Anklang fanden.
Bruchteil Ein Knall, ein Blick, ein Bruchteil einer Sekunde, das Rot, das Weiß, alles im Bruchteil einer Sekunde, das Leben, der Tod, alles im Bruchteil einer Sekunde, die Angst, der Mut, alles im Bruchteil einer Sekunde, der ohrenbetäubende Schrei, die ohrenbetäubende Stille, alles im Bruchteil einer Sekunde – Die dünne Linie ins Paradies wird zum ersten und letzten Mal überschritten. Im Bruchteil einer Sekunde. Was hätte, wäre, sollte sein, das wird nie mehr sein, denn im Bruchteil einer Sekunde schläft man zuletzt doch ein. (Cynthia)
Mama Gestern noch hat Mama gelacht Nichts hat ihr gestern Sorgen gemacht Gestern noch haben wir den Vögeln nachgeschaut Denn nichts hat uns gestern den Verstand geraubt Wir sind um die Wette gerannt wie verrückt Denn nichts hat uns gestern bedrückt Heute ist es dunkel und leer Denn Mama lacht nicht mehr Heute rennt Mama nicht mehr hinter mir her Denn Mama? Mama gibt es nun nicht mehr.
Text: Kirsten Esser