Ein Blick in die Vergangenheit – Die 9c im Archiv der WLB
Am 22. Oktober durfte die Klasse 9c tiefer in die Geschichte eintauchen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Im Rahmen von Frau Schröters Geschichtsunterricht besuchte die Klasse das Archiv der Württembergischen Landesbibliothek (WLB) in Stuttgart. Passend zum aktuellen Unterrichtsthema „Nationalsozialismus“ bot dieser Besuch die seltene Chance, historische Dokumente aus nächster Nähe zu betrachten und sogar in die Hand zu nehmen.
Schon beim Betreten des Archivs wurde klar: Hier geht es nicht um gewöhnliche Bücherregale. Hinter schweren Türen und unter strengen Sicherheitsvorkehrungen lagern Werke, die teilweise seit Jahrhunderten existieren: Dr. Christian Westerhoff, ein Mitarbeiter des Archivs, führte die Klasse durch die Räume, beantwortete geduldig alle Fragen und zeigte, warum Archive so wichtige Orte für unsere Gesellschaft sind.
„Was macht ein Archiv eigentlich?“

Während man in der öffentlichen Bibliothek Bücher ausleihen, lesen und recherchieren kann, sieht die Lage im Archiv anders aus: Hier werden besonders alte oder wertvolle Quellen gelagert, die vor Licht, Wärme und Feuchtigkeit geschützt werden müssen. Sie dürfen den Archivraum nicht verlassen und können nur nach Terminabsprache eingesehen werden.
Auf die Frage nach dem ältesten Stück im Haus erzählte Dr. Westerhoff von mittelalterlichen Handschriften – und auch von einer echten Gutenberg-Bibel. Für viele war das kaum vorstellbar: Eine Bibel aus dem 15. Jahrhundert, gut erhalten und gesichert in einem klimatisierten Spezialraum direkt am Charlottenplatz.
Originale aus dem Nationalsozialismus – ein besonderer Moment
Der Schwerpunkt unseres Besuchs lag auf einem Werk, das die meisten nur aus Geschichtsbüchern kennen: „Mein Kampf“ von Adolf Hitler. Im Unterricht hatte sich die Klasse bereits damit beschäftigt, doch ein echtes Exemplar vor sich zu haben, ist etwas völlig anderes. Dr. Westerhoff erklärte der Klasse, dass das Urheberrecht 2015 ablief und das Buch deshalb seit 2016 in einer
umfangreich kommentierten Fassung wieder veröffentlicht werden darf. Verboten war nie das Werk selbst, sondern nur dessen unkommentierter Nachdruck, da dieser politisch missbraucht werden könnte.
Im Archiv durften wir gleich mehrere historische Ausgaben anschauen – teilweise stark vergilbt, mit unterschiedlichen Covern oder in besonderen Ausführungen. Für viele war das ein besonders eindrucksvoller Moment, diese Quellen buchstäblich „begreifen“ zu können. Plötzlich wurde Geschichte greifbar und real, eben nicht nur ein Kapitel im Geschichtsbuch.
Verbotene Literatur und warum es sie gibt
Beim Thema verbotene Bücher wurde schnell klar, dass nicht nur „Mein Kampf“ eine Sonderrolle spielt. Es gibt eine ganze Reihe von Werken, deren Verbreitung in Deutschland eingeschränkt oder strafbar ist, etwa wegen: verfassungsfeindlicher Inhalte, volksverhetzender Aussagen, menschenverachtender Darstellungen und aufgrund von Verstößen gegen den Jugendschutz. Interessant ist, dass in anderen Ländern oft völlig andere Regeln gelten und nicht die gleichen Werke verboten sind. Während bestimmte Werke in Deutschland streng kontrolliert werden, sind sie beispielsweise in den USA frei im Handel erhältlich.
Warum so ein Besuch wichtig ist

Der Archivbesuch hat uns gezeigt, wie wertvoll der direkte Umgang mit historischen Dokumenten ist. Archive bewahren nicht nur jahrhundertealte Bücher auf, sondern ermöglichen auch, dass Menschen Geschichte erleben, statt sie nur zu lesen.
Besonders bei der Auseinandersetzung mit dem Thema „Nationalsozialismus“ ist es wichtig, dass gelernt wird, wie man Originalquellen verantwortungsvoll einordnen sollte. Der Besuch hat das eindrücklich verdeutlicht: So konnte nachvollzogen werden, wie Propaganda damals funktionierte, wie gefährlich Ideologien sein können und warum es wichtig bleibt, sich kritisch
mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.
Für die Schülerinnen und Schüler der 9c war dieser Tag ein Blick hinter die Kulissen – und ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.
Text und Bilder: Annika Haas
